Georg Bartisch

Georg Bartisch

Georg Bartisch (1535-1607) war Chirurg und beschäftigte sich hauptsächlich mit Augenleiden und urologischen Operationen. Der gebürtige Lausitzer hatte sein blutiges Handwerk schon mit 12 Jahren erlernt und auf Reisen durch Schlesien, Böhmen und Mähren Erfahrungen gesammelt. In noch jungen Jahren brachte er es zum Hofoculisten in Dresden. Berühmtheit erlangte er als Verfasser des ersten deutschsprachigen Werkes zur Augenchirurgie, betitelt Ophthalmodouleia das ist Augendienst. Nicht zuletzt die zahlreichen kolorierten Holzschnitte machen es nicht nur für medizingeschichtlich interessierte Leser sehenswert.

 

 

 

Das Starstechen ist eine ziemlich einfache und daher sehr alte Operationsmethode. Wie alle Chirurgen hatte Bartisch seine Kunst erlernt wie ein Handwerk und war also nicht studiert. Daher beherrschte er auch nicht die Gelehrtensprache Latein und veröffentlichte sein Wissen und seine Erfahrungen in deutscher Sprache.

Die lebensnahen Patientenporträts bieten mitunter verstörende Abbildungen von allen nur erdenklichen Augenleiden und sind sehenswert auch wegen der Kleidertracht der Abgebildeten. Es dürften überwiegend Dresdner Bürger um 1580 sein, denen wir hier über eine Distanz von mehr als vier Jahrhunderten ins Gesicht blicken.

Georg Bartisch war ein Kind seiner Zeit. Er wollte astrologische Einflüsse bei der Behandlung von Augenleiden mit berücksichtigt wissen, verwendete Edelsteine und andere Amulette und empfiehlt mitunter Rezepte, die für den heutigen Leser recht befremdlich und durchaus nicht erfolgversprechend klingen.

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Einen jungen Storch, der noch nie auf die Erden kommen sei. Tue den in einen unverglasten Topf, mache ihn oben fest und wohl zu, brenne ihn zu Pulver in eines Töpfers oder Bäckers Ofen. Als denn pülvers ganz klar, und vermische solches Pulver unter Eierklar, das es wird wie ein Pflaster. Das brauche mit Tüchlein auf die Augen.

Ophthalmodouleia, 1583

Deutlich positioniert sich Georg Bartisch zum in den 1580er Jahren lebhaft diskutierten Thema Hexerei. Er beklagt die Skepsis mancher Zeitgenossen und setzt dem Bibelzitate entgegen, die die Umtriebe des Teufels auf Erden nachweisen sollen. Daraus ergibt sich für ihn zugleich, dass sich nur allzuoft böse Leute als dessen Werkzeuge gebrauchen ließen. Auf Eingeben des Teufels verzauberten sie andere, die deshalb stockblind würden oder auch lahm, taub und stumm. Vielen armen Menschen seien die Augen aus dem Kopffe geschworen, sodass auch nur recht und billig sei, dass von der Obrigkeit viele dergleichen Zauberer gerichtet/ gebraten/ verbrant und geschmeucht worden seien. Dies entspricht der in Sachsen geläufigen Auffassung, Zauberei vor allem als Problem gewaltsamer Schädigung der Mitmenschen aufzufassen.

Als Mann der Praxis wusste Georg Bartisch, wovon er sprach. Mit eigenen Augen hatte er gesehen, wie manchen Patienten Nadeln, Stifte und Klammer aus den Augen geschworen waren, während an anderen Gewächse wie Äpfel oder Birnen wuchsen. Die nebenstehende Abbildung eines solchen Opfers zauberischer Schädigung (samt den erwähnten Fremdkörpern!) kommentiert Bartisch: Wer kan oder mag nun sagen/ das solches solte von Natur seyn/ und nicht von Zauberey herkommen?

Ärzte jener Zeit machten oft Werbung mit Dokumenten, die erfolgreiche Behandlungen glaubhaft machen sollten. Bartisch war auch auf diesem Feld innovativ, indem er entsprechende Listen sogar drucken ließ. In Buchform sind uns auf diese Weise einzigartige Reihen von Patientendaten erhalten. So hatte er beispielsweise George Kochs 24jähriger Tochter Anna helfen können, die durch Zauberey verderbet und gantz blind gewesen war. Matthes Schreiber war es ebenso ergangen, und er hatte dazu noch große Pein und Schmertzen erleiden müssen, so wie auch Heinrich von Isens Weib Anna und Paul Lewe. Dies sind alleine die Dresdner Patienten, die seine Dienste wegen Schadenszauber hatten in Anspruch nehmen müssen, hinzu kommen weitere Fälle dieser Art in Großenhain, Leipzig, Eisleben und anderen Städten. Bartischs in diesem Kontext bislang unbeachtete Aufzeichnungen belegen, dass die Zuschreibung schwerer Krankheitsbilder zu Zauberei in Kursachsen erheblich verbreiteter gewesen ist als die relativ wenigen Prozesse gegen mutmaßliche Hexen es vermuten lassen.