Mitunter bekommt man bei den Zentralen für politische Bildung für kleines Geld schöne Bücher zu historischen Themen. Zwar ist die Zeitgeschichte stärker repräsentiert als andere Epochen, stöbern lohnt sich aber allemal. Obwohl Sündenbocksuche und rechtskonforme innergesellschaftliche Gewalt eigentlich eminent politische Themen von zeitloser Bedeutung sind, sind Hexenprozesse in den Publikationsverzeichnissen allerdings kaum anzutreffen, löbliche Ausnahme: Thüringen.  Ronald Füssel, dessen Dissertation „Die Hexenverfolgungen im Thüringer Raum“ von 2003 die grundlegende Bestandsaufnahme für diesen Teil MItteldeutschlands geleistet hat, hat bereits 2001 eine populäre Einführung „Hexen und Hexenverfolgung in Thüringen“ für die LZT verfasst, von der inzwischen die dritte überarbeitete und erweiterte Auflage erschienen ist. Ausdrücklich nicht für Fachpublikum geschrieben, bietet sie eine gut lesbare und kompakte Einführung für Leser ohne Vorkenntnisse. „Das Interesse an der Thematik ist groß, das Unwissen darüber aber leider auch“, umreißt Füssel seine Zielsetzung, verbreiteten Fehleinschätzungen die Ergebnisse der Fachforschung entgegen zu setzen. Dies ist gut gelungen.

Für Leser mit tiefergehendem Interesse ist zur Neuauflage des Büchleins ein neu angelegter zweiter Band erschienen, der ein Ortsverzeichnis und eine Bibliographie liefert. Damit werden Erkundungen zur Ortsgeschichte, seien diese wissenschaftlich, heimatkundlich oder genealogisch motiviert, deutlich erleichtert. Zwar enthielt Füssels Dissertation naturgemäß dieselben Daten, deren kryptische Aufbereitung in unübersichtlichen Anhängen den Benutzer aber vor enervierende Herausforderungen stellte.  Mit dem Ortsverzeichnis liegt nun ein neues, praxistaugliches Werkzeug vor. Um es mit der Konsequenz in Sachen Benutzerfreundlichkeit aber nicht gleich gar zu sehr auf die Spitze zu treiben, stellt der Autor gleich von vornherein klar: „Dies ist ein Orts- und kein Personenverzeichnis“. Warum eigentlich nicht? Die Ausrede mag naheliegen, das bei nicht wenigen Hexenprozessen die Namen der Betroffenen nicht überliefert sind. Ist dies aber ein Grund auf halbem Wege bei der absolut begrüßenswerten Indexierung stehen zu bleiben? Nicht recht einleuchten will auch, dass ein solcher zweifelsohne ohnehin nur durch Subvention finanzierbarer Ergänzungsband nicht gleich auch unter CC-Lizenz und als PDF zur Verfügung steht – ein suboptimaler Einsatz von Steuergeldern. Immerhin kann aber auch der Nicht-Thüringer beide Büchlein bekommen, was eine sehr erfreuliche Bereicherung der Thüringer Hexen-Literatur ist.